In Vino Sanitas

Apotheker des 19. Jahrhunderts als Wegbereiter der modernen Önologie

Textauszug aus der Promotionsarbeit von Dr. Tanja Lidy

Die gesamte Doktorarbeit von Dr. Tanja Lidy kann hier im Volltext als PDF-Dokument abgerufen werden.

Johann Philipp Bronner (1792-1864)

Ein Weinbaupionier mit pharmazeutischen Wurzeln

Mehrere pharmazeutische Zeitschriften, so auch die Süddeutsche Apothekerzeitung, berichteten über diesen badischen Apotheker, Ökonomierat und Gutsbesitzer in Wiesloch. Seine pharmazeutischen Wurzeln stellten allerdings den kleineren unbedeutenden Teil von Leben und Werk Johann Philipp Bronners dar. Die als Deckblatt vorangestellte Lithographie von ihm symbolisiert dies recht anschaulich. Nur an der unteren Querstange hängen rechts drei kleine Apothekerflaschen mit Anbindesignatur. Viel prächtiger dagegen rankt im Bild der Weinstock. Er charakterisiert sein Lebenswerk, den bis dahin empirisch bestimmten Weinbau auf eine wissenschaftlich basierte Grundlage zu heben. Seine pharmazeutischen Wurzeln bildeten dafür Voraussetzung und Grundstock. Durch sein erlerntes, interdisziplinäres, pharmazeutisches Wissen (u.a. in Chemie, Botanik und Mineralogie) konnte er sich leicht in neue Aufgabengebiete hineindenken und dem Weinbau neue naturwissenschaftliche Impulse liefern.

Seine erste Ausbildung genoss der junge Bronner in der elterlichen Apotheke in Neckargemünd. Anschließend konditionierte er, wie es für damalige Pharmazeuten üblich war, in verschiedenen Apotheken so in Hanau, Würzburg, Esslingen und Mannheim. Er bereite sich im Laboratorium des Staatschemikers Karl Friedrich Salzer (1775-1852) in Durlach auf sein bevorstehendes Examen vor. Hier stand dem angehenden Apotheker im Gasthaus zum Hirsch auch ein kleines Naturalienkabinett zur Verfügung. So bestand Bronner die Hürde des Examens mit Bravur. Bronner war – wie damals für Apotheker oft üblich – ein Sammler. Seine Sammelleidenschaft galt unter anderem Muscheln, Käfern und Schmetterlingen – später auch den Rosen.

Nach bestandenen Examen verschlug es ihn in die Weinstadt Wiesloch, wo er die Tochter des dortigen Apothekers heiratete und dessen Apotheke, die damals in dem Haus Eck Kirch- und Pfarrgasse lag, übernahm. Außer der Apotheke in Wiesloch besaß Bronner die Apotheke des Vaters, die er recht früh seinem ältesten Sohn Ludwig übergab. Sein erster Sohn aus zweiter Ehe übernahm später die Apotheke in Wiesloch und ein weiterer eine Apotheke in Speyer.

Bronner verbrachte nur wenig Zeit in der Offizin. So sagte sogar seine Tochter, sie hätte ihren Vater ein einziges Mal hinter dem Tresen ordinieren sehen. Sein Herz schlug schon früh für die Natur und im Besonderen für den Weinbau. Ab 1820 beschäftigte er sich intensiv mit önologischen Themen. Vergebens sucht man nach pharmazeutischen Hinweisen. So gilt Bronner als Aussteiger aus der Pharmazie. Er selbst schrieb in einem seiner ersten Bücher: „Die Behandlung des Rebstockes gehörte früher nicht zum Bereiche meines Wissens; allein die Leitung des Geschickes der Urbarmachung und die Anlage selbst veranlassten mich, mit Rebbaukundigen mich zu beraten und deren Ansichten aufzufassen, um meine Einrichtungen gehörig treffen zu können. So bildet sich in mir der Grund zur besonderen Vorliebe für diesen Kulturzweig.“

Mehr und mehr traf man Bronner in seinen Weinbergen oder, schriftstellerisch in seinem neuen Aufgabengebiet tätig, an seinem Schreibtisch, der eventuell im heutigen Bronnerschen Gartenhaus gestanden haben könnte, an. In der Apotheke ließ er sich gerne vertreten, unter anderem durch tüchtige Assistenten, wie Georg Friedrich Walz (1813-1862). Dieser bildete später selbst junge Pharmazeuten in Speyer aus und wirkte als Professor in Heidelberg.

Bronner bereiste und durchwanderte verschiedene Weinbauregionen im In- und Ausland mit offenen Augen und rastlosem Eifer, was man noch heute in seinen Werken und Schriften deutlich spürt. Sein Wissen über die Önologie wuchs dabei stetig. Im Jahre 1830 gründete Bronner eine Rebschule, in welcher er etwa 400 verschiedene Rebsorten kultivierte, die er unter anderen von seinen unzähligen Reisen mitbrachte. So besaß er einen Bestand von ca. 500 000 Rebstöcken. Verbesserungen der Rebsorten und deren Erziehungsarten galt dabei sein Augenmerk.

Vorbildlich war sein schriftstellerisches Engagement, in dem er das gesammelte önologische Wissen in einer für den Berufsstand der Winzer verständlich Art niederschrieb. Verbunden mit seinem rhetorischem Talent und seiner charismatischen Persönlichkeit gelang es ihm, nicht nur die regionale Winzerschaft für seine neue Entwicklungen und Ideen im Weinbau zu motivieren.

Zu den wichtigsten Schriften Bronners zählen:

  • 1833 bis 1842: Sieben Hefte über den Weinbau Süddeutschlands.
  • 1835: Anweisung zur nützlichen Anpflanzung der Tafeltrauben und anderer Traubensorten an sonst unbenutzten Plätzen in Höfen, Gärten an Häusern und Mauern […].
  • 1840: Der Weinbau in Frankreich und der französischen Schweiz. Der Weinbau und die Weinbereitung in der Champagne.
  • 1842: Die teutschen Schaumweine für teutsche Weinzucht und teutsche Weintrinker.
  • 1856: Die Bereitung der Rothweine und deren zweckmäßigste Behandlung. Nach eigenen, in sämtlichen Wein-Gegenden Europas gesammelten Beobachtungen.
  • 1857: Die wilden Trauben des Rheinthales.

Seinen Bezug zur Natur spiegeln auch seine Forschungen auf dem Gebiet der wilden Reben in seiner Region wieder. Auch hier zählt Bronner zu einem der ersten fachlichen Experten. Im Alter begann der Pharmazeut sich mit einem besonderen Kulturzweig zu beschäftigen – der Rosenzüchtung. Wieslocher Bürger erinnerten sich nach seinem Tod immer noch gerne an den freundlichen Herrn Apotheker Bronner, wie er aus seinem Garten kam und ein paar Rosen in der Hand hielt, von dessen Sorten er bereitwillig auch gerne Triebe zum Anpflanzen an seine Mitbürger verteilte.

Quellen: